Junokai Tipp der Woche KW 28 – 2022

Organisationsstruktur im Customer Service


Die Frage nach der besten Struktur für den Customer Service stellt sich jedes Unternehmen, oft auch im regelmäßigen Turnus. Organisationseinheiten werden alle paar Jahre personell und/oder in der Zuständigkeit verändert mit dem Ziel, besser und effizienter zu werden. 

Aber wie sieht sie nun aus die optimale Kundenserviceorganisation? Nach welcher Blaupause richte ich das Unternehmen aus? Hierarchisch, funktional, horizontal, markt- oder produktbasiert? 

Fakt ist, es gibt sie nicht die eine optimale Organisationsstruktur. Viel wichtiger ist es, zunächst die bestehende Struktur aufzuzeigen und zu verstehen. Wie sieht die aktuelle Struktur aus? Wer hat welche Aufgaben, wo sind Schnittmengen, wie sind die Entscheidungsprozesse und wie erfolgt die Kommunikation? Was macht in agilen Strukturen Sinn und was in eher Klassischen? In welchen Bereichen sind wir erfolgreich und in welchen Bereichen/KPIs gibt es Potentiale? In Zeiten von Qualitätsmanagement und Zertifizierungen darf man erwarten, dass sich alle oben genannten Punkte innerhalb eines Tages beantworten lassen. In der Praxis stoßen wir jedoch auf veraltete Organigramme, unvollständige Prozessbeschreibungen und unklare Verantwortlichkeiten. 

Wir finden historisch gewachsene und durch Zukauf entstandene Strukturen. Auch ändert sich das Arbeitsumfeld stetig. Neue Kundenkanäle, neue gesetzliche Anforderungen, neue Produkte und auch Kundenerwartungen erfordern ein Umdenken.

Der folgende Ansatz basiert auf einer praxisorientierten Bottom Up-Betrachtung, aus der sich Ansätze für das Unternehmen und die sinnvollste Struktur ergeben. Eine Analyse der Chancen und Herausforderungen sowie die größtmögliche Beteiligung aller Betroffenen dient als Grundlage für eine Organisationsentwicklung in Form eines systemischen Prozesses.

Ableitend davon möchte ich im Folgenden auf einige Fragestellungen eingehen, woraus sich der erste Ansatz zum jeweils besten Organisationsaufbau für Unternehmen ableiten lassen.

  • Wie geht man mit sich gegenseitig beeinflussenden Zielen um?
  • Gibt es klare Verantwortlichkeiten für Ziele und Ergebnisse?
  • Ist die vorhandene Themenkomplexität noch sinnvoll und notwendig? 
  • Ist eine fachliche und qualitative Trennung zweckmäßig?
  • Wie groß ist der Outsourcinganteil und wie ist die Outsourcingstrategie?

Wie geht man mit sich gegenseitig beeinflussenden Zielen um?

Im Kundenservice wird regelmäßig diskutiert über gegenläufige Effekte, wie Steigerung der Bearbeitungszeiten aufgrund von Qualitätsmaßnahmen oder Salesfokus und über Kostenreduzierung durch Senkung der Bearbeitungszeiten zu Lasten von Qualität und Sales. Es gibt enge Korrelationen zwischen verschiedenster KPIs und damit auch scheinbar konkurrierender Ziele verschiedener Bereiche/Verantwortlichkeiten.  

Gibt es klare Verantwortlichkeiten für Ziele und Ergebnisse?

Sich beeinflussende KPIs werden regelmäßig als Grund für Nichterreichung herangezogen. Verantwortungsbereiche machen sich gegenseitig für die Zielerreichung verantwortlich. Auf kurze Sicht sind die Begründungen plausibel und valide. Langfristig verhindern diese Diskussionen indes eine Weiterentwicklung des Unternehmens. Daher muss bereits bei der Erstellung/Veränderung der Organisationstruktur darauf geachtet werden, diese Einflüsse möglichst gering zu halten oder aber in der Entscheidungslinie die Möglichkeit klarer Priorisierungen zu bieten, ohne dabei Verantwortlichkeiten auszuhebeln. 

Ist die Themenkomplexität noch sinnvoll und notwendig? 

Das gleiche Muster findet sich in Strukturen mit verschiedenen Themengebieten von großen Bereichen wie Sales, technischem und kaufmännischem Kundenservice bis hin zu produktorientierten Worktypes innerhalb einzelner Bereiche. Wird der Kunde und der Kundenservice im weiten Sinne noch ganzheitlich betrachtet oder erlebt er, je nach Kontaktgrund und Kanal, einen unterschiedlichen Service oder eine wahrnehmbare unterschiedliche Qualität? Wie kann die Organisation strukturiert werden, um gewollte Unterschiede zu fördern und ungewollte zu unterbinden? 

Ist eine fachliche und qualitative Trennung zweckmäßig?

Gleichzeitig finden sich innerhalb einzelner Aufgabengebiete Unterschiede in der Zuständigkeit qualitativer und fachlicher Themen. Werden Gesprächsbewertungen getrennt nach Softskill und fachlich/prozessual durchgeführt? Werden Softskill- und Vertriebstrainings losgelöst von fachlichen Trainings konzipiert und gehalten? Was verspricht sich das Unternehmen von einer Trennung? Spiegelt die Organisationsstruktur die gewünschten Effekte wider oder muss je nach Situation nachgeschärft werden?

Wie groß ist der Outsourcinganteil und wie ist die Outsourcingstrategie?

Ein weiteres Feld in der Betrachtung der besten Organisationsstruktur findet sich in der Steuerung der externen Partner. Je größer der Anteil externer Partner in Volumen und Anzahl ist, desto wichtiger ist eine gute Steuerung. Findet diese analog der internen Betreuung statt und nur Rechnungs- und Vertragsthemen werden gesondert abgebildet oder werden die Partner vollumfänglich auch in der KPI-Steuerung und Volumenzuordnungen zentral betreut? Je nach Ausrichtung ergibt sich ein unterschied im Organisationsaufbau, der sich bis in alle genannten Bereiche auswirkt.

Fazit

Etymologisch ist Organisation aus dem lateinischen organum oder dem griechischen órganon abgeleitet und bedeutet Werkzeug. Und je nach Strategien, Visionen und Zielen eines Unternehmens gilt es, durch die Organisationsstruktur das richtige Werkzeug zu schaffen. Und als Werkzeug sollte diese auch verstanden werden und nicht als Darstellung hierarchischer Machtgefüge. 

„Hierarchie ist allenfalls ein notwendiges Ordnungsprinzip; sie mit Weisheit gleichzusetzen, ist ein folgenschwerer Irrtum.“ (Günter Wille (1943-93), dt. Topmanager, s. 1991 Vorstandsvors. Axel Springer Verlag AG)

Ralf Dinter – Senior Consultant

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