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Kunden leiten und begeistern

Customer Journey Design im Spannungsfeld zwischen Kosteneffizienz und Vertriebschancen


Customer Centricity ist seit Jahren ein unternehmerischer Erfolgsfaktor: für die einen ein Garant, für andere eine Ambition. Als Philosophie sieht sie den Kunden als Ausgangspunkt der Wertschöpfungskette. Seine Anliegen stehen im Mittelpunkt der Unternehmenskultur sowie sämtlicher Vertriebs- und Marketingstrategien. Allerdings ist die Umsetzung einer umfangreichen Kundenorientierung leichter gesagt als getan – gerade im Spannungsfeld zwischen Kontaktreduzierung bzw. Kostensenkung auf der einen und Vertriebschancen auf der anderen Seite. Augenscheinlich hat man als Unternehmen drei Möglichkeiten: Entweder man handelt preis-, produkt- oder kundenorientiert. Doch warum sprechen heute alle von Kundenzentrierung, statt wie früher das Produkt in den Mittelpunkt zu stellen? Hier geht es weder darum, den niedrigsten Preis zu haben noch das Produkt anzubieten, das den Wettbewerb in puncto Design, Innovation oder Funktionalität abhängt,  sondern vielmehr darum, die Kunden zu verstehen und Produkte sowie Rahmenbedingungen an ihnen auszurichten. Oft lässt sich das Unternehmen so auf wesentlich stabilere Beine stellen. Denn zum einen sind Preise fragil, zum anderen Produkte kopierbar oder im Vergleich zum eigenen Angebot manchmal auch einfach innovativer. Eine loyale Kundenbeziehung jedoch bildet eine solide Basis für Wachstum und Umsatzstärke. Schließlich endet das Kundenverhältnis nicht mit dem Kaufabschluss. Der Käufer soll vielmehr die Marke nach außen tragen, sich mit ihr identifizieren und ihr zu neuen Höhenflügen verhelfen – Stichwort Word-of-Mouth-Marketing.

 

Eine loyale Kundenbeziehung
bildet eine solide Basis für Wachstum
und Umsatzstärke.

 

Ein Kunde ist kein Störfaktor!
Soweit die Theorie. Denn neben Customer Centricity beherrschen andere Buzzwords das Geschehen, allen voran Effizienzsteigerung, Agilität und Kosteneinsparungen. So kommt es, dass sich viele Unternehmen mehr auf die Straffung der eigenen Prozesse konzentrieren als auf echte Kundenzentrierung. Sicherlich: Steht der Kunde im Mittelpunkt, steigt das „Kontaktrisiko“ und somit auch der Ressourcenaufwand. Daher gilt es, die störenden von den werthaltigen Kontakten zu unterscheiden, um die Customer Journey so zu entwerfen, dass Kundenkontakte an allen Punkten sinnvoll gelenkt werden können. Hierbei helfen im ersten Schritt folgende Fragestellungen: Wer ist mein Kunde? Was will er oder sie? Wie nutze ich den Kontakt? Wie interagiere ich mit ihm? Um Kundenkontakte zu leiten, muss ein Analyseprozess stattfinden. Hier wird unter anderem der Servicebedarf hinterfragt, indem die oft bunte Klientel definierten Personas zugeordnet wird. Im zweiten Schritt lassen sich unnötige Kontakte eliminieren und attraktive Selfservices gestalten. Sind diese Grundlagen geschaffen, kann man damit beginnen, einfache Kontaktwege, natürlich genau abgestimmt auf das Unternehmen, zu etablieren. An dieser Stelle ist es dann wichtig, aus den gewählten Kontaktwegen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Auch hier ist die Basis die Erhebung und Analyse fundierter Daten – der elementar wichtigste Baustein für bessere Kundenerlebnisse. Diese Daten umfassen nicht nur einzelne Touchpoints oder zeichnen auf, wie der Kunde beispielweise auf einer Webseite agiert – es geht vielmehr darum, anhand dieser Datengrundlage eine 360-Grad-Sicht zu erlangen, die es später erst möglich macht, den Kunden im Einklang mit seinen Bedürfnissen und denen des Unternehmens zu lenken. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Analyseprozess einen Großteil des Designprozesses ausmacht.

 

Um Kundenkontakte
zu leiten, muss ein
Analyseprozess stattfinden.

 

Kontaktstruktur analysieren, Potenziale erkennen
Fakt ist: Viele Kunden möchten in Wahrheit keinen Kontakt zum Service aufbauen, bedeutet dies doch in   den meisten Fällen, dass Probleme aufgetreten sind, die es zu lösen gilt. Betreibt man an dieser Stelle Ursachenforschung, lassen sich diese Probleme häufig auf Informationslücken oder mangelnde Selfservices zurückführen – viel Potenzial, um unnötige Kontakte zu vermeiden! Wenn man sich darauf fokussiert, hilft das oft mehr als optimierte Servicegespräche. Eine ursachenorientierte Analyse zeigt auf, welche Kontakte für Kunden und Unternehmen gewinnbringend und welche störend sind. So haben  Verständnisfragen für beide Seiten keinen Nutzen. Gewinnbringend sind hingegen Kontakte, bei denen es darum geht, Feedback zu geben, weitere Informationen zu Leistungen zu erhalten oder Services hinzuzubuchen. Wiederum andere Anliegen können über smarte Selfservices automatisiert gelöst werden. Auch hier gilt es, das Kundenerlebnis ins Zentrum des Interesses zu stellen: Zufriedene Kunden schätzen einfache und benutzerfreundliche Prozesse. Finden sie diese vor, verhalten sie sich loyal und empfehlen Unternehmen weiter.

 

 

Kontakte sinnvoll leiten
Erst wenn die Kontaktklassifizierung erreicht ist, geht es darum, eine Customer Journey zu gestalten, die dem Wissen darüber, welche Kontakte für beide Seiten wichtig sind, Rechnung zollt und die unwichtigen Kontakte eliminiert oder automatisiert. Aufgrund der vorher im Analyseprozess erhobenen Datenbasis ist es nun möglich, Ansatzpunkte zu finden und den Kunden auf den von ihm favorisierten Kanälen abzuholen. Möchte man ihn dann auf den anvisierten digitalen Weg bringen, empfiehlt es sich, entsprechende Trigger zu setzen. Hierbei muss der Technologieeinsatz unter Berücksichtigung der zuvor erfolgten Analyse (Stichwort Kundenzentrierung) erfolgen. Einen nicht unerheblichen Anteil an Kontakten machen je nach Produkt oder Dienstleistung die ersten Wochen und Monate einer Kundenbeziehung aus, also die Phase direkt nach dem Kauf. Hier werden die Grundlagen für das Kundenverhalten gelegt. Entweder lernen die Käufer, dass sie sich entspannt zurücklehnen können, weil sämtliche Informationen (Kaufbestätigung, Lieferstatus, Produktinformationen, Zahlungsmodalitäten, nächste Schritte etc.) ganz automatisch kommen, oder sie stellen schmerzlich fest, dass die schönen kundenlenkenden Erlebnisse nach dem Kaufabschluss abrupt endeten und sie sich nun alle Informationen allein besorgen müssen. Letzteres ist fatal, da eine Verhaltensänderung nur durch hohe Aufwände herbeigeführt werden kann. Auch hier zählt somit der erste Eindruck. Eine klar definierte Willkommens-Kundenreise kann hierbei das ausschlaggebende Puzzleteil sein. Basierend auf Befragungen und Analysen ist bekannt, wann und weswegen Neukunden Unternehmen kontaktieren. Bestenfalls kann dies sogar auf Personas heruntergebrochen werden. Entsprechend den Präferenzen werden den Neukunden die benötigten Informationen proaktiv genau zu den Zeitfenstern übermittelt, in denen es potenziell zu Kontakten kommen kann. Diese Kommunikationselemente sind entweder rein informativ oder aktivierend, in jedem Falle lenkend. So erreicht man, dass Kunden mit wertschöpfenden Kontaktgründen den aus Unternehmenssicht richtigen Kanal nutzen, den Mitarbeitende bedienen, die dank konsistenter Technologien alle notwendigen Kunden(verhaltens)daten haben, um das bestmögliche Kontaktergebnis zu erzielen.

 

Durchdachte Customer Journeys enden nicht mit dem ersten Kaufabschluss
Die Welt des Kundenservice verändert sich rasant. Kunden werden selbstbewusster und anspruchsvoller. Daten und Prozesse entwickeln sich zunehmend zu ausschlaggebenden Erfolgsfaktoren für Servicequalität und -kosten. Kontaktreduzierung und Vertriebschancen stehen heute und morgen nur dann noch in einem Spannungsfeld, wenn man Kontaktgründe immer noch pauschal nach Service, Information und Auftrag eingruppiert und nur die Marketing-/Vertriebsabteilung Daten anfordert. Customer Journeys beginnen oftmals im Sales Funnel, sie sollten aber niemals nach dem Zahlvorgang enden, sondern den letzten Kauf bestätigen und den nächsten durch Serviceerlebnisse forcieren. www.capita-europe.com
AUTOR: MARTIN CHRISTIAN, DIGITAL SOLUTIONS SPECIALIST, CAPITA

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Einmal gelegte Grundlagen
für das Kundenverhalten
können nur durch hohe Aufwände
verändert werden.

 

Über Martin Christian, Digital Solutions Specialist, Capita

Martin Christian ist als Digital Solutions Specialist bei Capita verantwortlich für den Themenkomplex digitale Transformation mit den Schwerpunkten Customer Experience, Customer Journey Design und Solution Architecture. Gemeinsam mit seinem Team betreut er Unternehmen aus der Finanz-, Telekommunikations- und Energiewirtschaft in den Bereichen Prozessoptimierung, Innovation und Transformation. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Basis einer dedizierten Analyse im Hinblick auf Kundenerlebnis, Vertriebspotenziale und Kanalverschiebung in Kombination mit den Möglichkeiten digitaler Technologien die Customer Journey neu zu denken.


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