Mobile-Banking schafft loyale Kunden und neue Risiken

Bain-Studie zum Retail-Banking in Deutschland

– „Mobile First“-Kunden sind deutlich zufriedener als Nutzer traditioneller Kanäle
– ING und DKB haben in Deutschland besonders loyale Kundschaft
– Digitale Kanäle erleichtern Produktkäufe jenseits der Hausbank
– Jüngere Kunden sind offen für Angebote von Fintechs und Tech-Konzernen
– Traditionelle Banken können sich vor allem durch überzeugende digitale Kundenerlebnisse und den Aufbau von Ökosystemen behaupten


Lange schien Deutschland eine der letzten Bastionen des Online-Bankings zu bleiben. Doch 2019 haben auch die Kunden hierzulande erstmals häufiger ihr Smartphone oder Tablet für Bankgeschäfte genutzt und folgen damit dem globalen Trend hin zum Mobile-Banking (Abbildung). Dies bringt die aktuelle Studie „As Retail Banks Leak Value, Here’s How They Can Stop It“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company zutage, für die weltweit 134.000 Bankkunden befragt wurden, darunter 7.600 in Deutschland. Darüber hinaus wird offensichtlich, welche Folgen die große Popularität digitaler Kanäle für traditionelle Banken hat.

Besonders loyale Kunden sind Erfolgsgarant
Chancen bieten sich vor allem bei der Kundenbindung. Die mit dem Net Promoter Score® (NPS®) messbare Loyalität von „Mobile First“-Kunden liegt in Deutschland mit 29 Prozent deutliche 20 Prozentpunkte über dem Wert von Kontoinhabern, die mehrheitlich traditionelle Kanäle nutzen. Im Vergleich zum Vorjahr nahm dieser Wert noch einmal um 4 Prozentpunkte zu. Ein hoher NPS hat unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen. Denn besonders loyale Kunden besitzen der Studie zufolge mehr Produkte ihrer Bank, erwerben dort auch häufiger weitere Finanzprodukte und wechseln seltener.Hierzulande haben die beiden Direktbanken ING und DKB unverändert die loyalste Kundschaft. Ihr NPS von jeweils mehr als 50 Prozent unterstreicht, wie bedeutend digitale Kanäle für den Erfolg im Retail-Banking inzwischen sind. „Viele Kreditinstitute erweitern ihr digitales Angebot und können damit offenkundig bislang skeptische Kunden überzeugen“, konstatiert Bain-Partner Dr. Dirk Vater, der die Praxisgruppe Financial Services in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (EMEA) leitet.

Zunehmender Wettbewerb durch Fintechs
Trotz aller Vorteile hat die Digitalisierung im Privatkundengeschäft insbesondere für traditionelle Kreditinstitute auch Schattenseiten.
„Die Angebote und Konditionen sind vollständig transparent“, erklärt Bain-Partner und Branchenexperte Dr. Markus Bergmann. „Und damit sinkt die Hemmschwelle, sich für Finanzprodukte jenseits der Hausbank zu entscheiden.“ Laut Bain-Studie entschieden sich 2019 bei einigen Banken in Deutschland mehr als die Hälfte der Kontoinhaber für ein neues Finanzprodukt von der Konkurrenz. „Die stille Abwanderung nimmt Züge einer Massenbewegung an“, so Bergmann. Lange Zeit standen nur die Banken miteinander in Wettbewerb. Nun drängen mit den Fintechs zunehmend neue Anbieter auf den Markt.
Nahezu jeder zehnte 25- bis 34-jährige Befragte in Deutschland gibt an, sein Giro- oder Sparkonto bei der Digitalbank N26 eröffnet zu haben. Generell wären in dieser Altersklasse mittlerweile fast 40 Prozent bereit, ein Produkt von einem Fintech zu erwerben. Über alle Altersstufen hinweg sind es 30 Prozent. Das Interesse an Finanzprodukten von etablierten Technologiekonzernen ist noch höher. Unter den 18- bis 24-Jährigen hätten hierzulande rund zwei Drittel der Befragten nichts dagegen, ihre Geldgeschäfte über Amazon, Facebook oder Google abzuwickeln.

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„Noch fehlen die entsprechenden Banking-Angebote von Technologiekonzernen“, stellt Bain-Experte Bergmann fest. „Doch die hohe Wechselbereitschaft ist eine latente Gefahr. Je einfacher und überzeugender die Kreditinstitute ihr digitales Angebot gestalten, desto gelassener können sie möglichen Vorstößen neuer Konkurrenten entgegensehen.“ Derzeit scheitern rund 15 Prozent der Befragten in Deutschland daran, einen Kauf über digitale Kanäle auch abzuschließen – ein im internationalen Vergleich hoher Wert.

Mit zusätzlichen Dienstleistungen Kunden binden
Der Bain-Studie zufolge stärkt darüber hinaus der Auf- und Ausbau von Ökosystemen die Kundenloyalität. Das umfasst die Zusammenarbeit nicht zuletzt mit externen Partnern, so dass Kunden selbst bei komplexen Transaktionen wie einem Immobilienkauf eine Lösung aus einer Hand erhalten. Zwei von drei Befragten in Deutschland sind an solchen Ökosystemangeboten grundsätzlich interessiert. Was etwa in der Versicherungswirtschaft schon funktioniert, ist auch im Retail-Banking möglich. „Tatsache ist, dass Ökosysteme einen wichtigen Beitrag zur Kundenloyalität leisten“, betont Bain-Partner Vater. „Denn sie schaffen positive Kundenerlebnisse und vertiefen die Bindung.“ Hierbei kann die Bank-App die Drehscheibe für alle Fragen rund um Kapitalanlage, Immobilie und andere Themen werden. Eine Abbildung finden Sie hier: https://www.bain.com/de/insights/snap-chart-retail-banking-2020-DE/

 

Über die Studie
Bain & Company ermittelt weltweit einmal jährlich die Loyalität privater Bankkunden, ihre Produktnutzung und die hierfür verwendeten Kanäle. Die Befragung erstreckt sich auf alle wichtigen Institutsgruppen. Privat- und Direktbanken zählen ebenso dazu wie Genossenschaften und Sparkassen. Aussagen zu Einzelinstituten werden nur getroffen, wenn mehr als 200 Antworten vorliegen. Für die aktuelle Studie wurden 2019 weltweit rund 134.000 Kontoinhaber in 22 Ländern befragt, darunter rund 7.600 in Deutschland. Auf Anfrage lassen sich Auswertungen für einzelne Länder und Institutsgruppen erstellen. Die hohe Grundgesamtheit der Befragten und die international einheitliche Fragenstruktur geben zudem einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im globalen Retail-Banking-Markt.

Über den Net Promoter Score® (NPS®)
Bain misst die Kundenzufriedenheit seit mehr als zehn Jahren branchen- und länderübergreifend mit dem Net Promoter Score® (NPS®). Diese Kennzahl ergibt sich aus den Antworten auf eine einzige Frage: „Auf einer Skala von 0 bis 10, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie diese Bank einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“ Die Antworten werden drei Kategorien zugeordnet. Dabei hat sich gezeigt, dass nur Werte von 9 und 10 für wirklich loyale Kunden stehen („Promotoren“), 7 und 8 passiv Zufriedene sind und Bewertungen von 6 an abwärts als Kritiker eingestuft werden müssen. Wird der Anteil der Kritiker von dem der Promotoren subtrahiert, ergibt sich der NPS.

Bain & Company ist eine international führende Unternehmensberatung, die Entscheider weltweit bei der Zukunftsgestaltung unterstützt. Mit unseren 58 Büros in 37 Ländern sind wir in unmittelbarer Nähe unserer Kunden. Wir arbeiten gemeinsam mit ihnen daran, den Wettbewerb zu übertreffen und neue Standards in den jeweiligen Branchen zu setzen.

Partner aus unserem Ökosystem digitaler Innovatoren ergänzen unsere Expertise und sorgen mit dafür, dass wir für unsere Kunden bessere, schnellere und nachhaltigere Ergebnisse erzielen. Seit unserer Gründung 1973 messen wir unseren Erfolg am Erfolg unserer Kunden. Wir sind stolz darauf, dass wir die höchste Weiterempfehlungsrate in der Beratungsbranche haben und dass unsere Kunden die Börsenindizes um das Vierfache übertreffen. Erfahren Sie mehr unter: www.bain.de, www.bain-company.ch. Folgen Sie uns auf: LinkedIn, Facebook, Xing, Bain Insights App.

 


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