Junokai Tipp der Woche KW 37 – 2022

Ein „Moments that matter“ mit viel Potenzial: Onboarding und Initialschulungen im Customer Care


Onboardings und Initialschulungen von Mitarbeiter:innen im Kundenservice und Telesales sind oft Druckbetankungen mit anschließenden Erschöpfungssymptomen. Ein Initiationsritual mit zweifelhaftem Ergebnis. Performance-Potenziale werden verschenkt und Folgekosten erzeugt.

Gründe genug, um einen Blick auf das Onboarding als einen „Moment that matters“ zu werfen. Einen Moment, der eine große Bedeutung für Engagement, Loyalität und Wertschöpfung der Mitarbeiter:innen hat. 

Werden solche Momente von Bedeutung im Employee-Life-Circle, also die „Moments that matter“ richtig umgesetzt, dann steigt die Mitarbeiterzufriedenheit und damit die Kundenzufriedenheit. Jacob Morgan belegte diese Zusammenhänge 2017 im internationalen Bestseller „The Employee Experience Advantage“.

Moments that matter – worauf kommt es an?

Wir sprechen von „Moments that matter“, wenn wir Erlebnisse beschreiben, die bei Mitarbeiter:innen entscheidend für ihre positive oder negative Gestimmtheit über ihr Arbeitsumfeld sind. Diese individuelle Einstellung zum Job entsteht in Situationen jenseits des Arbeitsalltages (beispielsweise bei Betriebsfeiern).  Sie entsteht im täglichen Arbeitsprozess (beispielsweise durch Führungsverhalten) oder sie resultiert aus besonderen, arbeitsrelevanten Ereignissen, wie die des Onboardings oder der Initialschulung beim Eintritt in das Unternehmen.

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Positiv beschrieben werden diese spezifischen Momente dann, wenn die Mitarbeiter:innen als Resultat einen Anstieg ihrer Produktivität bemerken oder ihr Arbeitsfeld als weniger komplex erleben.

Jacob Morgan weist auf drei Fragen hin, die es bei deren Gestaltung zu beantworten gilt:

  1. Physisches Arbeitsumfeld – entspricht die Infrastruktur den Bedürfnissen der Mitarbeiterschaft?
  2. Technologie – Wird Technologie so eingesetzt, dass die Mitarbeiter produktiv arbeiten können? 
  3. Kultur – spiegelt die Zusammenarbeit die Werte und den Zweck des Unternehmens wider?

Onboarding als elementarer Bestandteil der Employee Experience

Positive Emotionen entstehen insbesondere durch Gemeinschaftserfahrungen, denen wir Bedeutung beimessen. Diese Emotionen sind bestimmend dafür, dass wir Inhalte in unserem Gehirn verankern oder/und unsere Verhaltensweisen ändern. Also Lernen.

Lassen sich diese positiven Erfahrungen bereits im Onboarding und der Grundlagenschulung im Unternehmen erzeugen?

Wir meinen ja und zeigen im Folgenden entsprechende Hebel:

1. Rekrutierung mit offenem Visier

Es beginnt bei der „Echtheit“ der Inhalte von Stellenanzeigen, geschrieben in einer Sprache, in der sich die Zielgruppe wiederfindet. Das erspart spätere Störungen beim Onboarding. Wird ein falsches Bild vermittelt, heißt es für die Mitarbeiter:innen später: mit Enttäuschungen umgehen und umlernen. Sicherlich kein guter Start für eine positive Beziehung zum neuen Arbeitgeber.

2. Onboarding ist People-Business

Hoffnung und Aufbruchstimmung, aber auch Sorgen und Ängste bestimmen die Situation frisch rekrutierter Mitarbeiter:innen. Wichtig ist es daher, die Menschen im Onboardingprozess nicht nur auf Grundlage ihrer fachlichen Eigenschaften zu sehen.
Das notwendige Wissen und die professionelle Handlungsfähigkeit wird dann leicht erzeugt, wenn die emotionale Seite des Lernens in diesem prägenden „Moment that matters“ berücksichtigt wird. Bedeutsam sind dabei Trainer/innen und Führungskräfte, die sich als Coaches verstehen. Daraus folgt…

3.  Der Karate-Kid-Ansatz 

Wie lässt sich das klassische Meister-Schüler-Verhältnis (Cognitive Apprenticeship-Ansatz) in die Gegenwart des Contact Center übersetzen? Die Forderung dabei lautet, Lern- und Anwendungsprozesse stark miteinander zu verbinden. Jeder einzelne Prozessschritt und seine Bedeutung bis zum Ziel des Vorgangs sollten für die Lernenden verständlich gemacht werden. So werden Teilschritte nachvollziehbar, können leichter abgespeichert und selbst durchgeführt werden. Der/die Trainer:in führt die Arbeitsschritte beispielhaft durch. Anschließend wird mehr und mehr die selbständige Bearbeitung eingeübt. Der/die Trainer:in bleibt dabei Lernbegleiter:in und gibt anschließend Hilfestellung als Coach. Eine wichtige Schlussfolgerung: Trainer:innen haben eine Vorbildrolle: „No such thing as bad student, only bad teacher. Teacher say, student do.“ (Mr. Miyagi, The Karate Kid,  1984)

Die Frage nach zwischenmenschlichen Rollen leitet über zu…

4. Es gibt kein richtiges Lernen im falschen System

In den meisten Unternehmen besteht über die Beimessung von Nutzen und Kosten zu Onboardings und Grundlagenschulungen eine ungeschriebene Übereinkunft. Zeitknappheit, Kostendruck und die aggressive Wettbewerbssituation stellen Argumente dar, um Vorbereitungszeiten von Grundlagenschulungen eng zu bemessen und das eigentliche Onboarding schnell abzuwickeln. Nehmen die Stakeholder aber wertschätzende Sichtweisen auf das Lernen ein und setzen sie die sich daraus für sie ergebenden Rollen um, dann wird sich die Wertschöpfung des Unternehmens anhaltend verbessern.

5. Die Initialschulung ist eine „unendliche Geschichte“. Aber on Speed.

Onboarding und Grundlagenschulungen sind niemals in Beton gegossen. Sie sollten mit Methoden des Design Thinkings kontinuierlich überprüft und angepasst werden.

Kultur ist nicht alles – aber ohne Kultur ist alles nichts.

Wo bleibt bei diesen Hebeln die Digitalisierung? Denn sicherlich lassen sich nur durch Technologien Antworten auf Informationsdichte und -geschwindigkeit finden. 

Wieso bezieht sich kein Punkt auf die Gestaltung des Arbeitsumfelds? Denn sowohl physische als auch digitale Lernräume müssen angepasst werden.

Vielleicht liegt die Antwort in einem Zitat von Peter Drucker: „Culture eats strategy for breakfast“. Es ist viel schwieriger, die Einstellungen der Multiplikatoren zu Onboardings und Initialschulungen zu verändern, als ein „Learning Management System“ zu implementieren.

Wir sollten diesen Aufwand der Veränderung der Lernkultur nicht scheuen. Sorgen wir dafür, dass unsere Mitarbeiter:innen bereits beim Onboarding und in der Initialschulung lernen, dass wir sie als Grundlage des Unternehmenserfolgs wertschätzen. Spüren die Neueinsteiger diese Kultur bereits am ersten Tag, dann wird die positive Gestimmtheit das Lernen erleichtern, individuelles Wachstum anstoßen und Unternehmenserfolg sicherstellen.

Sebastian Schmidt – Senior Consultant

 

www.junokai.de


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