Iris Gordelik

Vernetzt mit Iris Gordelik

Happiness Management – Hope oder Hype?

Seit Jahrzehnten rangieren Bücher über „Wie Du glücklich wirst“ auf den Bestsellerlisten. Motivationsgurus und Lebenssinnstifter füllen die Säle und jeder, der aus seinem Leben mehr machen will, hat zumindest ein Buch dazu zu Hause oder einmal einen Vortrag besucht. Was bisher eher privat gemacht wurde, findet nun Einzug in die Unternehmen: als neue Management-Disziplin.

In München gibt es das Happiness Management Institut
(http://happiness-management-institut.com/), dort kann man sich zum „Certified Happiness Manager“ ausbilden lassen. Firmen stellen jetzt Happiness Manager oder auch Feel-good-Manager ein und wer keinen in Festanstellung findet, wird bei entsprechend spezialisierten Freiberuflern, die wie Pilze aus dem Boden schießen, fündig. Im Silicon Valley hat dieser Trend den Glückbringern gar einen Vorstandsposten eingebracht: Google startete als erstes Unternehmen mit Chade-Meng Tan als CHO (Chief Happiness Officer), auch Zappos und Goodgame Studios besetzen CHO-Posten. Getrieben sind sie von dem Glauben daran, dass glückliche Mitarbeiter produktiver sind, was wir nun auch wissenschaftlich belegen können: Jüngst veröffentlichte die Oxford Universität eine sehr umfangreiche Studie, die tatsächlich beweisen kann, dass glückliche Mitarbeiter eine bessere Produktivität erreichen (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3470734).
Der Siegeszug des Happiness Managements ist nicht mehr aufzuhalten!

Also ich finde das grundsätzlich gut – ohne Einschränkungen:
Jeder sollte sich glücklich fühlen, ob privat oder bei der Arbeit. Einfach immer. Glücklich sein ist wunderbar. Und Teil des Erfolges. Und wenn mich meine Arbeit glücklich macht, ist es das Höchste der Gefühle. Und Happiness Management als meine Aufgabe als Führungskraft oder als Unternehmerin habe ich eh noch nie infrage gestellt.
Aber ich frage mich: Warum braucht es erst eine Oxford Studie, die belegt, dass glückliche Mitarbeiter produktiver sind? Gerade wir in den Call und Service Centern wissen doch sehr genau, wie sich Zufriedenheit auf Fehlzeiten, Krankenquoten und KPIs auswirkt, was sich sehr leicht in bare Münze umrechnen lässt. Doch wie es scheint, werden diese Berechnungen entweder nicht gemacht oder man schenkt ihnen keinen Glauben. Einer der häufigsten Gründe, den mir Führungskräfte nennen, warum sie gern das Unternehmen wechseln wollen: Sie sind müde von der Kostenpeitsche. Kein Geld da fürs Mitarbeiter-glücklich-Machen. Man will, aber darf nicht.

Nun gut. Dann stellen wir halt einen Happiness Manager ein, denn der bekommt selbstverständlich ein Budget. Das steht sogar in seiner Aufgabenbeschreibung. Ich zitiere aus den „14 typischen Aufgaben eines Feel-good-Managers (https://berufebilder.de/feel-good-manager-aufgaben/): Aufstellen einer Tischtennisplatte in der Lobby, einmal wöchentlich kostenloses Mittagessen für alle und Yogakurse. Geht doch!
Weiterhin frage ich mich: Warum ist bisher keine Führungskraft aufgestanden und hat gewettert: „Meine Mitarbeiter glücklich zu machen ist meine originäre Führungsaufgabe!“ Wir alle kennen die Anforderungen von Mitarbeitern an ihren Job: Sinnstiftend soll er sein, Raum für Selbstverwirklichung bieten, ein wertschätzender Umgang gepflegt werden. Gehört alles unter den Oberbegriff Happiness. Und das wird nun in eine andere Abteilung ausgelagert?
Es ist völlig in Ordnung, wenn ein Unternehmen eh sehr mitarbeiterorientiert ist und die Organisation der Maßnahmen in einer Abteilung bündelt. Ich erlebe leider aber auch, dass der Happiness Manager zum Lustwart und Spaßmacher degradiert wird, der dann doch in Zeiten der Budgetkürzungen 200 Euro für die frischen Äpfel in der Belegschaftsküche hinterherlaufen muss.
So will ich für meinen Teil hoffen, dass der ganze Hype um Happiness wenigstens brauchbare Spuren hinterlässt, nämlich die Erkenntnis, dass man mit dem primären Streben nach Glück für Mitarbeiter (und Kunden) ein Unternehmen sehr erfolgreich (und profitabel) führen kann. Und wenn es dazu erst einen Happiness-Verantwortlichen braucht, meinetwegen. Den Kampf um Mitarbeiter und Kunden gewinnen die Firmen, die Happiness wirklich erst meinen, quasi in ihrer DNA haben oder sie dazu machen. Ansonsten bleibt es beim Hope. Trotz Happiness Manager.

Zur INTRE Newsletter Anmeldung

Kleine Anekdote am Rande: Bei meinen Recherchen zu dieser Kolumne habe ich noch eine erstaunliche Entdeckung gemacht, die unsere Zunft interessieren dürfte: Pfiffige Unternehmen, die aufgrund des unpopulären Jobtitels keine Agenten/Kundenbetreuer für ihre Call Center finden, taufen den Begriff jetzt einfach um. Gefunden auf Youtube unter „WIR stellen ein!!! Customer Happiness Manager gesucht!!!

GORDELIK Executive Search & Networking
Tel: +49 170 9601210
www.gordelik.de
www.vernetzt-magazin.de


INTRE_2019-04_Vernetzt_mit_Gordelik

Verschlagwortet mit , .