Lars Rätting

Humanistisch führen

Lars Rättig, Partner von SAJDAKTRAINING


Humanistisch führen Führen heißt nicht, Organisationen oder Personal zu managen, sondern den Entdeckergeist und die Freude von Menschen zu beflügeln.

Erfolgreiche Unternehmenspolitik wird heutzutage durch positive Verhaltensstrategien auf allen Ebenen bestimmt. Organisationen stellen Prinzipien wie Selbstverantwortung, Augenhöhe, Entscheidungsfreude und Kreativität in den Vordergrund. Mehr denn je braucht es eine Führung, die sich an einem humanistisch geprägten Bild orientiert, in dem sich jeder Mitarbeiter ganz im Rahmen seiner Talente weiterentwickeln kann und individuelle Stärken zum Wohl Ihres Unternehmens einsetzt.

Weniger Vorgaben, weniger Kontrolle, weniger vorgekaute Lösungen – und keine Alleinherrschaft der Führungskraft: Das sind per se die Eckpfeiler demokratischer Führung. Doch fernab einiger Vorreiterunternehmen – vornehmlich Startups, Beratungsfirmen und Softwareschmieden – ist es mit der Demokratisierung oder Partizipation bis heute nicht immer weit bestellt. Der Grund: Führungskräfte müssen ihre Rolle neu (er)finden oder neu begreifen; sie sind heute weniger als Entscheider gefragt, sondern vielmehr als Moderator und Facilitator ihrer selbstorganisierten und eigenständig arbeitenden Mitarbeiter. Und genau das gelingt nicht einfach durch neue Funktionsbeschreibungen, sondern durch gezieltes Fördern günstiger Verhaltensweisen, Hinterfragen der bisherigen Grundannahmen und einem Begleiter, der diese Prinzipien vorlebt. Führungskräfte sollten sich bewusst machen, dass sie eine wesentliche Verantwortung tragen, indem sie Entwicklungsprozesse unterstützen und ihr Team von talentierten Entdeckern an anerkennender Weise begleiten und fördern.

Worauf kommt es an, um andere wirklich zu fördern?
Wie oft schauen wir darauf, was nicht geht? Wie sehr fokussieren wir das Schlechtere, in dem Glauben, erst dann gut genug zu sein, wenn wir in sämtlichen Aspekten gut und in jedem Fall besser sind als andere? Das Streben nach Vollkommenheit ist eine nicht lösbare Aufgabe, erst recht, wenn wir glauben, dass andere per se besser sind als wir selbst. Da unsere Unvollkommenheit im Berufsleben nach wie vor kaum anerkannt wird, haben Menschen in Unternehmen gelernt, sie zu verbergen und entsprechende Strategien entwickelt: 1. Vermeidungsstrategien, 2. Ablenkungsmanöver, 3. Erfinden von Geschichten.
Nicht wenige bauen sich ein zerbrechliches Konstrukt in Form von Fantasien oder Wünschen und malen sich aus, wie sie gerne wären. Sie orientieren sich an Vorbildern und eifern ihnen sogar nach. In dieser Weise messen sie ihrem Vorbild eine Bedeutung bei, der weder sie noch ihr Vorbild gerecht werden. Vorbilder können wichtige Bezugspersonen im Sinne der Orientierung sein. Manchmal sind sie Lehrer oder Mentoren. Und es ist ganz bestimmt zuträglich und legitim, sein Vorbild zu bewundern. Gleichzeitig sollten wir uns davor hüten, diese Person auch sein zu wollen.

Bleib so, wie du sein kannst!
Um Mitarbeiter wirklich zu fördern, geht es darum, deren Stärken zu stärken. Hören Sie ihnen aufmerksam zu und gönnen Sie sich den Luxus, eine Idee Ihres Mitarbeiters ernst zu nehmen, auch wenn Sie erstmal glauben, dass Ihre eigene besser ist. Wenn Sie sich auf ihre Stärken fokussieren, werden sie „falsche“ Strategien nicht brauchen. Das bedeutet nicht, Schwächen gänzlich auszublenden. Dennoch: Der Fokus bleibt bei den Stärken!
Wie wichtig es ist, sich dies immer wieder bewusst zu machen, zeigt ein für gewöhnlich als wertschätzendes Personalinstrument verstandenes Mittel: die Beurteilung! Häufig ähnelt diese eher einem Zeugnis. In der Regel handelt es sich um ein Personalinstrument, das in regelmäßigen größeren Abständen anzuwenden ist und sogar in Betriebsvereinbarungen fixiert wird. Manche sprechen auch von Regelbeurteilungen. Hingegen, ob in einem Meeting, im Smalltalk an der Kaffeemaschine oder beim Plausch in der Kantine, machen wir uns bewusst: Aus der Sicht der Mitarbeiter ist jedes Gespräch ein Beurteilungsgespräch – im Übrigen auch jedes nicht geführte Gespräch.
Ist es Ihnen schon mal passiert, dass Sie neun von zehn Menschen zum Geburtstag gratuliert haben und einem nicht? Wenn es also darum geht, Menschen zu fördern, statt über sie zu urteilen, empfehle ich, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen: Bleiben Sie interessiert und entdecken Sie tolle Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter. Helfen Sie ihnen, besser zu werden, und geben Sie ihnen die Sicherheit, gesehen zu werden. Erwischen Sie sie beim Richtigmachen. Statt von Beurteilungs-, sprechen Sie lieber von Fördergesprächen.

Anerkennung ist der Treibstoff
Indem Sie fragen, worauf Ihre Mitarbeiter ihren Erfolg zurückführen, werden sie und Sie sich ihrer (weiteren) Stärken bewusst und sind so in der Lage, ihren Erfolg zu reproduzieren. Schwächen treten zurück, ohne sie auszublenden, und eben auch, ohne sich auf ein Fehlverhalten zu fokussieren.
Streng genommen motiviert der Mitarbeiter sich selbst. Tatsächlich ist es so, dass es uns nicht möglich ist, andere dauerhaft und nachhaltig zu motivieren. Gleichwohl können wir ihnen helfen, sich selbst zu motivieren. Diese einfache und zugleich effektive Gesprächsführung bemüht sich auch keines Vergleichens. Vergleiche würdigen niemals die Leistung des Individuums und sind daher nicht förderlich. Der Treibstoff, der Menschen zu Höchstleistungen verhilft, ist Anerkennung. Nehmen Sie Anteil am Erfolg jedes Einzelnen und würdigen Sie den Entdeckergeist Ihrer Mannschaft. Mit Verlaub: Die Ideen Ihrer Mitarbeiter sind oft mindestens so gut wie Ihre. In Ihrer persönlichen Anteilnahme liegt Ihre Führungschance.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Entdecken.
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LARS RÄTTIG ist Partner von SAJDAKTRAINING. Seine Expertise liegt insbesondere in den Bereichen Führung, Vertrieb und Veränderungsmanagement. Er verfügt über langjährige Erfahrungen im Führen großer Vertriebseinheiten sowie mehrjährige Erfahrungen als Dozent und Trainer an der ADG in Montabaur. Er ist in der Lage, Theorie und Praxis auf einzigartige Art und Weise zu verbinden und schnell anfassbar zu machen.

KUNDENSCHWARM Podcast: https://www.sajdaktraining.de/podcast/
Lars Rättig, Partner von SAJDAKTRAINING
INFO: WWW.SAJDAKTRAINING.DE


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