© Iris Gordelik

Hallo an Alle und Allinnen

Das mit dem Gendern ist so eine Sache. Jahrelang haben wir das eher locker genommen. Mal wurde es gar nicht beachtet, öfter haben wir uns an „Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“ halt gewöhnt. Aber damit ist jetzt Schluss. Beim Schreiben und Reden wird jetzt gegendert. Das klingt häufig fremd. Fordert uns geschmacklich heraus. Vor allem nervt es. Hier eine kleine Story dazu – mit Happyend. Selbst die größten Kritikys werden überzeugt sein!


Von vorne: Rund 38 % der Weltbevölkerung sprechen Sprachen, die über Genera verfügen. Also Substantive (Hauptwörter) mit den drei grammatischen Geschlechtern, männlich, weiblich oder sächlich. Spanier oder Franzosen haben nur zwei Genera und Chinesen gar keinen. Und über Jahrhunderte hat sich zu neutralen Geschlechtsangaben das Maskulinum eingebürgert. Wenn wir also in der Literatur lesen: „Teuer ist mir der Freund“, dann meint das Maskulinum nicht den einzelnen Mann, sondern damit ist auch die Freundin gemeint. So weit, so gut.

1979 wurde die UN-Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung der Frau beschlossen und im Folgejahr erschienen die Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs. Und damit begann der ganze Schlamassel: 1984 bestätigt der Duden das bis dato übliche geschlechterübergreifende Maskulinum! Er fügt jedoch hinzu, wenn man das weibliche Geschlecht deutlich zum Ausdruck bringen möchte, möge man die feminine Form wählen, zum Beispiel auf -in endend oder eine entsprechende Umschreibung. Klingt lieblos und schlapp. War es auch. Denn es passierte eigentlich nichts. Doch der Druck der Feministinnen wuchs.
Dann endlich in einem Duden-Newsletter von 2011 heißt es: „Die höflichste und eindeutigste Variante der sprachlichen Gleichstellung ist die Doppelnennung.“ Jetzt beginnt die Paarform Mode zu werden. „Liebe Leser und Leserinnen“. Alternativ, um den Schreibfluss zu vereinfachen, schlägt der Duden noch den Schrägstrich oder die Klammer vor: „Liebe Leser/-in“ oder „Liebe Leser(in)“. Wie gesagt: Es war ein Vorschlag, rechtsverbindlich in Sinne einer Rechtschreibreform war das nicht. Darum hagelt es weiter Beschwerden. Diese Schreibweise sei unterordnend, ein nebensächlich Mit-gemeint-Werden der Frau. Man solle den Auslassungsstrich weglassen, also „Liebe Leser/in“. Das geht vielen aber immer noch nicht weit genug, da aus grammatikalischen Gründen der Leser zuerst genannt werden muss und es müsse dann schon „Liebe Leser/In“, also das „i“ soll großgeschrieben werden. Dumm nur, dass das nach der deutschen Rechtschreibung nicht korrekt ist, denn es dürfen nur Eigennamen, Subjekte und Wörter am Satzanfang mit Großbuchstaben geschrieben werden. Doch einige Autoren und Journalisten machten aus dem Schrägstrich einfach ein Binnen-I und gaben ihre Texte mit „Liebe LeserInnen“ an die Medien weiter, diese publizierten und übernahmen die Schreibweise für viele Jahre.

 

Kein Wunder, dass das Thema
als Gender-Wahnsinn und Sprachterror bezeichnet wird.

 

Doch Sie ahnen es schon. Die Feministinnen wieder. Das große „I“ störe den Lesefluss und einige sehen in ihm ein Phallussymbol, eine Erektion im Text. Andere Lösungen müssen her. Luise F. Pusch, eine Mitbegründerin der feministischen Linguistik, plädiert für Entgeschlechtlichung der deutschen Sprache. Nach dieser Idee könne der Artikel frei gewählt werden. Also „die Leser“, „die Student“ oder „die Arzt“. Ein wenig untergegangen ist die Idee des Gender_Gap, einer Leerstelle_ in Form eines Unterstrichs zwischen den männlichen und weiblichen Endungen. Mit „Liebe Leser_In“ sollen auf dem Unterstrich auch Transgender Platz finden, die sich eben weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen. Das Sternchen* verdanken wir dem Internet, wo es als technisch maschinelle Schreibart dazu dient, hinter einem Wort etwas zu ergänzen. „Liebe Leser*“. Als Alternative zu Gender-Gap und Sternchen kam dann auch noch der Dop pelpunkt auf, also „Lieber Leser:“. Ganz Findige weichen dem aus und üben sich in Versachlichung. „Liebe Leserschaft“ oder „Liebe Informationsinteressierte“. Oder heißt es dann „Liebe/R Leserschaft“ oder „Liebe*R Informationsinteressierte“? Der absolute Wahnsinn. Eigentlich hätte es spätestens jetzt einer Rechtschreibreform bedurft.

Kein Wunder, dass das Thema als Gender-Wahnsinn und Sprachterror bezeichnet wird. Andere monieren, Gleichberechtigung fände auch durch all diese Schreibweisen nicht statt. Und wir Deutschen wären nicht deutsch, wenn wir auf dieser Reise nicht noch ein paar Verordnungsprobleme neu erfinden. So verfügen nahezu alle Hochschulen und Universitäten über verbindliche Genderrichtlinien und -leitfäden, sogar unter nachweislicher Androhung schlechterer Noten bei Verweigerung. Viele Studierende beugen sich dem natürlich und gendern ihre Arbeiten fleißig. Doch es gibt auch einen Präzedenzfall aus dem Jahr 2015. Ein Student wendet sich an die Rechtsabteilung, woraufhin sich die betroffene TU Berlin korrigiert: „Grundlage für die Benotung einer Arbeit sind Inhalt und Aussage.“ Seine Hartnäckigkeit wird belohnt und er muss seine Arbeit nicht gendergerecht anpassen. Fakt ist: Solange es keine offizielle Rechtschreibreform gibt, bleibt die Verwendung der Gender-Sprache eine ideologische Entscheidung. Und Sie als Unternehmen, Verlag oder Führungskraft sind leider auf sich allein gestellt. Als Personalberaterin habe ich mich an m/w/d in Stellenbeschreibungen gewöhnt und im schlimmsten Fall sind wir über unsere AGG-Versicherung (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) abgesichert. Als Herausgeberin des vernetzt! Magazins mit einer überwiegend weiblichen Redaktion haben wir uns für die Paarform „Liebe Leserin, lieber Leser“ entschieden. Schreibende Medien allgemein, wie auch das INTRE, oder die großen Verlage werden großen Einfluss darauf haben, was sich durchsetzt.

 

Überhaupt sind mir persönlich
feministische Ideen
häufig viel zu verkrampft.

 

Doch eine Umfrage der WELT AM SONNTAG 2020 ergab, die Hälfte der Frauen ist gegen die Gendersprache. Und wir dürfen auch nicht die Macht der Gegenwehr unterschätzen, wenn etwa eingefordert würde, es solle bitte dann auch „Der Sonne, der Welt oder der Erde“ möglich sein. Und ich möchte mir nicht vorstellen, wie sich Podcast oder die schnell wachsenden Sprechformate wie etwa Clubhouse in Zukunft anhören, wenn konsequent auf gegenderter Sprache bestanden wird. Da, wo drauflosgequasselt wird, da spuckt das Hirn eben aus, was wir von früher gewohnt sind. Mir tun jetzt schon die Ohren weh, wenn ich mir die vielen Pausen vor -Innen vorstelle. Überhaupt sind mir persönlich feministische Ideen häufig viel zu verkrampft. Ich stelle mich sogar oft als „Personalberater und Herausgeber“ vor und denke mir ganz selbstbewusst nichts dabei. Richtig schwach aber werde ich bei guten Ideen. Aktuell bin ein großer Fan von Thomas Kronschlägers Idee, ein Germanist und Sprachdidaktiker der TU Braunschweig. Sein barrierefreies Gendern funktioniert ganz einfach mit einem „y“ und einem neutralen „das“. In unserem Fall wird also aus der oder die Leser/in einfach „das Lesy“ oder im Plural in der Leseransprache ein sympathisches „Liebe Lesys“. Selbst innerhalb von Wörtern ist das praktisch. Gerade bei Wortungetümen wie etwa „Bürger*innenmeister*innengehilf*innen“ reduziert es sich auf „Bürgymeistygehilfys“. Verdammt einfach und platzsparend noch dazu. Kronschläger hat diese Idee übrigens gefunden und nicht erfunden, betont er. Schon seit dreißig Jahren verwendet der Wiener Aktionskünstler Hermes Phettberg den Genus Neutrum in seinen Auftritten und Kolumnen. Als Lehrvideo zu „Entgendern nach Phettberg“ empfehle ich www.youtube.com/watch?v=xVmGb7qACfA. Ich habe es ausprobiert und es ist wirklich sehr schnell zu lernen.

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Nun liebe Lesys, ich finde, wir alle können uns das Leben leichter machen. Statt zu streiten, wer in der Sprache die Oberhand hat, und sogar noch Gefahr zu laufen, Transys zu vernachlässigen, einigen wir uns auf ein neues Neutral. Wir Personalberatys, Journalistys, alle Managys und Führungskräftys, Mitarbeitys und Geschäftsführys und vor allem unsere Nachkommys werden es uns danken. Endlich Klarheit ohne Schnickschnack. Und es ist einfach und schnell zu lernen und quält nicht weiter unsere Schülys und Studentys. Und auch den Hörys dürfte es gefallen. Lesen Sie diese Passage doch jetzt einfach mal Ihrem Nachbary vor. Oder schreiben Sie mir, was Sie davon halten.

Ihre Personalberaty und Herausgeby, Iris Gordelik

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