Sind wir denn bei Star Wars?

KI und Bots als Lösung aller Probleme


Gerade erst diese Woche hat ein namhafter Hersteller für Contact Center Software die aktuelle Problematik der Energielieferanten, vor allem der Stadtwerke, thematisiert. Sie werden auf Basis der aktuellen Preisentwicklung mit Kundenanfragen überrannt. Die Lösung sei Künstliche Intelligenz (KI) in der Kundenkommunikation einzuführen und einen Voice Bot zu implementieren.

Ein anderer Anbieter hat im Rahmen einer Veranstaltung postuliert, dass in der Zukunft 80% der Serviceanfragen von Maschinen beantwortet werden.

Und in einem Projekt ist kürzlich die Aussage „da machen wir nen Chatbot und hängen ne KI dahinter“ gefallen.

Es scheint, als sei die Digitalisierung der zwischenmenschlichen Kundenkommunikation unaufhaltsam, liege direkt vor uns und sei die Lösung aller Probleme. So zumindest manche Statements, die man aufschnappt. Und tatsächlich, es gibt vielversprechende Entwicklungen und bereits erste sehr erfolgreiche Einsatzgebiete. Doch wie immer darf nicht alles über einen Kamm geschert werden. Eine sinnvolle Evaluierung der Einsatzgebiete im Kundenservice ist die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz solcher Technologien. Bevor sich Unternehmen bereits mit Anbietern und Lösungen auseinandersetzt, ist es wichtig, folgende Punkte zu reflektieren:

1) Kontaktanlässe Definieren Sie, für welche Kontaktanlässe oder -kategorien eine Automatisierung erfolgen soll. Es wird immer Kundenanliegen geben, die durch eine Maschine eben nur suboptimal oder gar nicht gelöst werden können. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine gewisse Empathie zur Lösung des Kundenkontaktes erforderlich ist. Beispiel dafür sind Sales-Gespräche, Stornopräventions- oder Kündigungsgespräche. Hier ist es schlichtweg so, dass die emphatische Leistung eines Menschen sowie die fachliche Expertise des Mitarbeiters eine nicht oder zumindest nur schwer ersetzbare Voraussetzung für den Erfolg ist. Für eine echte Kundenbindung, erst recht bei vertrauensvollen Beziehungen wie zu Versicherern oder Finanzdienstleistern, sind die Bots deshalb nicht geeignet, ja sogar kontraproduktiv.

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2) Transaktionen
Betrachten Sie die Prozesskategorien im Ihrem Service. Serviceeinheiten geben nicht nur Informationen oder Auskünfte weiter, Transaktionen sind ein ebenso großer Bestandteil ihrer Arbeit. Mit Transaktionen sind jene Prozesse gemeint, bei denen in einem IT-System (CRM oder ERP) ein Geschäftsvorfalls ausgelöst wird, der für den Kunden eine direkt Auswirkung hat. Beispiele sind Vertragsverlängerungen, Bestellungen, Auszahlungen oder Rabatte. Hier liegt die Problematik nicht in der KI selbst, sondern in der Schnittstelle zum CRM oder ERP-System, das diese Transaktion verarbeitet. Sie muss fehlerfrei funktionieren, sonst sind schwerwiegende Prozessfehler mit Auswirkung auf die kundenseitig erlebbare Servicequalität die Folge.

3) Volumen
KI basiert auf Rechenalgorithmen, die selbständig dazu lernen. Damit diese funktionieren und zweckmäßige Ergebnisse liefern können, braucht es eine Anlernphase. Für diesen Lernprozess als auch für die Optimierung im laufenden Betrieb sind Mindestmengen an Vorgängen nötig. Die Hersteller unterscheiden sich hier sehr in ihren Aussagen, jedoch sind 20.000 bis 30.000 Vorgänge offenbar aktuell das Minimum an Vorgängen, um eine gewünschte Qualität zu erreichen. Bei den notwendigen Vorgängen handelt es sich nicht um die Gesamtanzahl an Kontakten, sondern um die Anwendungsfälle, die übrig bleiben, wenn die unter 1) und 2) beschriebenen Ausnahmen berücksichtigt werden.

Werden diese drei Aspekte betrachtet, stellt man sich die Frage, ob die Bots nun tatsächlich hilfreich sind oder nicht. Dazu kommt noch die Perspektive des Kunden, inwiefern er bereit ist, die Kommunikation mit einem Bot zu akzeptieren. Es ist sicherlich nicht zielführend, einem Kunden, der ohnehin schon auf 180 ist, noch eine Maschine vorzusetzen.

Unser Resümee ist, ja KI und Bots können eine wirkungsvolle und sinnvolle Ergänzung zum persönlichen Kundenservice sein, sie sind jedoch keine Allzweckwaffe. Chatbots werden vermutlich verstärkt für definierte Geschäftsvorfälle genutzt werden oder die bisherige Abwicklung ergänzen. Grundsätzlich werden Bots in Bereichen weiterhelfen, die vom Kunden als nervig oder vom Unternehmen als teuer und wenig wertschöpfend wahrgenommen werden. Die Kommunikation von Mensch zu Mensch werden sie jedoch wohl nie komplett ersetzen können.

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