Empathie im Kundenservice in Krisenzeiten

Die Energiekrise hält Energieversorger und Verbraucher in Atem. Steigende Strom- und Gaspreise bei teilweise zweistelligen Inflationszahlen verunsichern und schüren große Ängste in der Bevölkerung. Und so kommen derzeit zu den ohnehin schon hoch gesteckten Zielen, wie Automatisierung, Kostenoptimierung und Umsatzsteigerung, neue Herausforderungen auf den Kundenservice zu. Umso wichtiger ist die richtige Ansprache in diesen schwierigen Zeiten.


„Es ist an der Zeit, Empathie nicht nur als etwas zu sehen, was uns im Alltag zu anständigen Menschen macht. Vielmehr sollten wir Empathie als treibende Kraft in unserer Unternehmensstrategie verankern.“ Erst die Pandemie hat vielen Unternehmen wieder bewusst gemacht, wie wichtig es ist, den Kunden empathisch zu begegnen.

Die eigenen Mitarbeiter könnten auch selbst von der Krise betroffen sein, sodass Gesundheit und Wohlbefinden leiden. Insbesondere in Krisenzeiten werden die Organisationen, die auch unzufriedenen Kunden mit Freundlichkeit, Aufrichtigkeit und Empathie begegnen, mit einem hohen Maß an Vertrauen und Loyalität belohnt.

Eine aktuelle Studie von Capita in Zusammenarbeit mit Ipsos MORI hat gezeigt, dass Einfühlungsvermögen mittlerweile einer der wichtigsten Faktoren ist, wenn es darum geht, eine positive Kundenerfahrung zu erzeugen. Obschon der Gedanke an sich nicht neu ist, wurde die Empathie im Verkaufsprozess über eine lange Zeit nicht als entscheidender Erfolgsfaktor wahrgenommen. Erst die Pandemie hat vielen Unternehmen wieder bewusst gemacht, wie wichtig es ist, den Kunden empathisch zu begegnen. Diejenigen, die sich dies zu Herzen genommen haben, profitierten davon: Zum einen waren dies beispielsweise Supermärkte, die über Lieferdienste die Nähe zu ihren Verbrauchern gesucht hatten. Zum anderen haben auch etliche Banken virtuelle Beratungstermine angeboten, um ihren Klienten in schwierigen Zeiten zur Seite zu stehen. Natürlich spielen auch heute Faktoren wie Bedienkomfort und Einfachheit von Transaktionen eine große Rolle. Dies legt auch die Studie nahe. Dennoch haben viele Unternehmen erkannt, dass Empathie einen ebenso hohen Stellenwert haben sollte. Und wem es gelingt, eine emotionale Bindung zu seinen Kunden aufzubauen, kann nicht selten nachweislich positivere Geschäftsergebnisse vorweisen und eine höhere Kundenbindung erzielen.

Ehrlichkeit und Authentizität sind entscheidend!

Eine wichtige Frage ist daher, wie Kundenservice-Mitarbeiter in den entscheidenden Momenten auftreten – dann, wenn frustrierte oder verunsicherte Kunden ihrer Unzufriedenheit Luft machen und es gilt, mit Verärgerung und Konfrontation umzugehen. Wie kann es gelingen, in schwierigen Situationen, Kunden mit negativen Eindrücken zu überzeugten Nutzern der eigenen Marke werden zu lassen? Die Art und Weise, wie Mitarbeiter im Kundendienst mit den Personen, die sie kontaktieren, umgehen, spiegelt immerhin auch die Kultur des Unternehmens wider. Ein wichtiger Faktor ist daher, dass die Verantwortlichen Empathie in Kommunikation und Handeln als Wert in ihre Strategie integrieren. Denn je mehr die Mitarbeiter im Kundenservice ihrer Klientel mit Einfühlungsvermögen begegnen, desto eher können sie deren Pain Points verstehen.

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Allerdings, und auch dies zeigt die Studie, ist echtes Einfühlungsvermögen gefragt. Wirkt Empathie auf den Kunden einstudiert oder wie ein abgespultes Muster, kann dies nicht nur einer emotionalen Bindung zwischen Servicemitarbeiter und Kunde führen. Vielmehr müssen Unternehmen unter Beweis stellen, dass sie in der Lage sind, mit dem Kunden zu fühlen und ihn mit seinen Bedürfnissen und Herausforderungen zu verstehen. So haben Untersuchungen der Schuldenhilfsorganisation StepChange ergeben, dass sich die Zahl der Menschen, die Probleme damit haben, ihre Verbindlichkeiten zu begleichen, seit Beginn der Pandemie verdoppelt hat. In vielen Fällen sind nun auch die Menschen betroffen, die selten oder gar noch nie in Zahlungsschwierigkeiten waren. Für diejenigen, denen die Krise finanziell oder psychisch besonders zusetzt, ist es umso fataler, auf Anbieter zu treffen, die nicht auf ihre persönlichen Bedürfnisse eingehen. Unternehmen sind also gut beraten, proaktiv dafür zu sorgen, dass sich Kunden wertgeschätzt fühlen und fair behandelt werden, indem sie beispielsweise ihre Treue belohnen oder sie nicht von Sonderangeboten ausschließen, die für Neukunden gelten. Und auch der persönliche Service gewinnt an Bedeutung: Kunden, deren Lebensumstände gerade ins Wanken geraten, sollten die Möglichkeit haben, ihre Ansprechpartner direkt zu kontaktieren. Hierbei könnten die Mitarbeiter betroffene Klienten auch dafür sensibilisieren, frühzeitig Probleme zu erkennen und sie dabei unterstützen, einen Ausweg zu finden. Dazu gehört auch, länger mit den Kunden zu sprechen, anstatt sich lediglich darauf zu konzentrieren, die Zielvorgaben zu erfüllen.

Die Risiken und Herausforderungen des Empathie-Ansatzes

Die Organisationen, die Empathie tatsächlich als tragenden Faktor in ihre Unternehmensstrategie verankern, gehen einen ersten wichtigen Schritt. Allerdings könnten sie Gefahr laufen, dass der gut gemeinte Ansatz nicht mehr als ein Strohfeuer ist, solange sie sich nicht bewusst sind, dass es sich dabei um ein Langzeitprojekt handelt. Denn obschon sich viele Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht durchaus bewusst sind, sollten sie sich und ihre gesamte Belegschaft stets daran erinnern, dass sie

sich auch um ihre Kunden kümmern möchten. Dabei kann man jedoch nicht immer davon ausgehen, dass der telefonische Kontakt die richtige Herangehensweise ist. Laut den Erhebungen des Money and Health Institute haben 75 Prozent der Menschen mit psychischen Problemen Schwierigkeiten mit mindestens einem Kommunikationskanal, und der telefonische Kontakt steht dabei ganz oben. Dies ist nur ein Grund dafür, einen Omni-Channel-Ansatz zu verfolgen, um allen Kunden zu ermöglichen, selbst zu entscheiden, auf welchem Weg sie den Kundenservice kontaktieren möchten.

Doch es kommt noch etwas hinzu: Die eigenen Mitarbeiter könnten auch selbst von der Krise betroffen sein, sodass Gesundheit und Wohlbefinden leiden. Unternehmen müssen sich daher auch fragen, ob die Kollegen an vorderster Front stets körperlich, geistig und emotional in der Lage sind, ihr Bestes zu geben, und ihnen gegebenenfalls kontinuierliche Unterstützung und Weiterbildung zukommen zu lassen – gerade vor dem Hintergrund des dezentralen Arbeitens, wo viele Teammitglieder isoliert sind.

Die richtige Technik

In den vergangenen Jahren hat Technologie immer mehr Einzug in unser Arbeitsleben und unsere Kommunikation gehalten und die Hemmschwelle, neue Technologien zu nutzen, sinkt mehr und mehr. Auch im Kundenservice kann der Einsatz künstlicher Intelligenz nützlich sein, um Nuancen in der Stimme eines Kunden oder Kollegen zu erkennen. So können Mitarbeiter beispielsweise mit Live-Coaching unterstützt werden. Assisted Customer Conversations (ACC) Software bewertet die emotionalen Bedürfnisse eines Kunden in Echtzeit und unterbreitet dem Servicemitarbeiter Vorschläge, wie er am besten in bestimmten Situationen agiert.

Eine weitere Möglichkeit sind 3-D-Avatare als Ersatz für konventionelle Online-Chatbots. Statt automatisierter Nachrichten, die bisweilen unpersönlich und oft wenig einfühlsam wirken, ist der 3-D-Avatar eine digitale Figur, mit der sich der Kunde direkt auseinandersetzen kann und der in der Lage ist, Emotionen in Mimik und Sprache zu zeigen sowie Empathie zu erzeugen und auf die Gefühle seines Gegenübers zu reagieren.

Fazit

Sicherlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jedes Unternehmen finanzielle Ziele erreichen muss. Allerdings werden insbesondere in Krisenzeiten die Organisationen, die auch unzufriedenen Kunden mit Freundlichkeit, Aufrichtigkeit und Empathie begegnen, mit einem hohen Maß an Vertrauen und Loyalität belohnt. Hierfür braucht es ein mutiges, zielgerichtetes, transparentes und konsequentes Servicekonzept, das auf Langfristigkeit ausgelegt ist. Denn diejenigen, die gerade in schwierigen Zeiten den Kunden in den Mittelpunkt stellen, werden auch mit den Herausforderungen, die eine Rezession mit sich bringt, wachsen und Marktanteile gewinnen.

Fünf Erfolgsfaktoren in Krisenzeiten

  1. Verständnis für die Verletzlichkeit der Kunden und Mitarbeiter entwickeln: Da sich diese mit der Krise verändert hat, kommen neue Herausforderungen auf die Unternehmen zu.
  2. Bewusstsein für den Stellenwert der Empathie entwickeln: Sie ist ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern und muss bereits in der Führungsetage gelebt werden. Authentizität ist hier oberstes Gebot!
  3. Veränderung beginnt bei der Unternehmenskultur: Der Empathie-Ansatz zündet nur dann, wenn alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen und die Kultur der Empfindsamkeit verinnerlichen.
  4. Neue Technologien zulassen: Technischen Innovationen, die die Unternehmensziele unterstützen, sollte oberste Priorität eingeräumt werden.
  5. Die Krise akzeptieren: Ein wirtschaftlicher Abschwung hält sicherlich keine Ewigkeit an. Und dennoch sollten neue Ansätze auf lange Sicht angelegt sein und zum festen Bestandteil der Unternehmensstrategie werden.

AUTOR: Anton Schenk, Business Development and Strategy Director, Capita

Anton Schenk ist Business Development and Strategy Director bei Capita und Geschäftsführer der Capita Energie Service GmbH. Als Innovation & Digital Lead erschließt er neue Technologien und Trends für einen der führenden europäischen Outsourcing-Dienstleister. Er ist Experte im klassischen Projektmanagement mit über 20-jähriger Erfahrung in den Branchen Energiewirtschaft und Serviceindustrie und kann zahlreiche Erfolge in der Durchführung von Organisations- und Softwareentwicklungsprojekten sowie in der Realisierung von Kostensenkungspotenzialen und der Restrukturierung von Unternehmen nachweisen.

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